Beim chronisch-entzündlichem Rheuma handelt es sich meist um eine Systemerkrankung mit möglicher Beteiligung innerer Organe und der Zerstörung der Gelenke. Die naturheilkundlichen Behandlungsansätze unterscheiden sich bei den verschiedenen Rheumaformen. Eine naturheilkundliche Behandlung erfolgt immer individuell und orientiert sich am allgemeinen Gesundheitszustand, am Alter und den Begleiterkrankungen.
Gute Studien gibt es zu der seit Jahrzehnten erfolgreich angewendeten Ernährungstherapie und zum Heilfasten. In der Regel werden begleitend Arzneimittel aus der Pflanzenheilkunde, der mikrobiologische Therapie und der Anthroposophischen Medizin eingesetzt. Dazu kommt die Kältebehandlung aus der Thermotherapie, Elemente der Ordnungstherapie, Mind-Body Medizin und Bewegungstherapie. Mit diesem für die Komplementärmedizin typischen multimodalen Therapieansatz, kann es gelingen, den Bedarf an Analgetika, nichtsteroidalen Antirheumatika, Cortison etc. gering zu halten.
Während des stationären Aufenthaltes in Havelhöhe werden schulmedizinische Therapien von Beginn an mit integrativen anthroposophischen Behandlungen verbunden. Damit werden die Selbstheilungskräfte gestärkt, das Immunsystem aktiviert und Kräfte mobilisiert. Beim Mammakarzinom hat sich insbesondere die Therapie mit Mistelextrakten als zusätzlich hilfreich erwiesen.
In vielen Fällen können integrative Therapien zudem die Nebenwirkungen der Krebstherapie deutlich verringern. Dazu gehören unter anderem Bewegungs- und Körpertherapien. Zur Anwendung kommen z.B. die Misteltherapie, Heileurythmie und Rhythmische Massage sowie Mal- und Musiktherapie. Eine zusätzliche Unterstützung sind die anthroposophischen Pflegetherapien, die die Regeneration fördern. Psychologische und biographische Begleittherapien dienen der Krankheitsauseinandersetzung, -bearbeitung und –bewältigung.
Das integrative Münchner Naturheilkundliche Schmerzprogramm ist seit 2001 fester Bestandteil der multimodalen Schmerztherapie am Klinikum der Universität München, Campus Innenstadt. Es integriert Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Naturheilkunde, aus traditioneller chinesischer Medizin, aus dem Konzept der Salutogenese, aus Psychosomatik und Psychologie sowie aus moderner wissenschaftlicher Schmerztherapie. Ziel ist die Desensibilisierung und Schmerzreduktion, die Verbesserung der Lebensqualität und Linderung der Einschränkung durch den chronischen Schmerz in allen Lebensbereichen, die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit und die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit.
Zur Anwendung kommen neben konventionellen Therapiebausteinen aktivierende und übende Verfahren zur Schmerzbewältigung und zur Optimierung der Köperwahrnehmung und Beweglichkeit (z. B. Meditation, Kunsttherapie, Qigong). Therapieverfahren zur Aktivierung der körpereigenen Schmerzhemmung (Akupunktur, Neuraltherapie) werden ergänzt um das Erlernen nebenwirkungsarmer Selbstbehandlung mit Wickeln, Güssen und Akupressur. Zur Vertiefung des Erlernten und zur Motivation langanhaltender Übungspraxis werden nach einer vierwöchigen intensiven Phase weitere Module angeboten.
Das AZKIM ist ein überregionaler Zusammenschluss von Ärzt`*innen und Wissenschaftler*innen an den vier Universitätskliniken Baden-Württembergs - Heidelberg, Freiburg, Tübingen und Ulm. Erklärtes Ziel dieses Netzwerks ist es, im Sinne der „WHO Traditional Medicine Strategy 2014-2023“ eine fundierte Integrative Medizin in Baden-Württemberg zu etablieren.
Das Zentrum wird die Grundlagenforschung und die klinische Forschung im Bereich Komplementärmedizin mit hochmodernen wissenschaftlichen Methoden vorantreiben und Konzepte erarbeiten, um die gewonnenen Erkenntnisse in der universitären Aus- und Weiterbildung zu platzieren und eine bessere Patientenberatung zu ermöglichen. Das AZKIM schafft damit eine fundierte Wissensbasis, um Patient*innen, Ärzt*innen und Politiker*innen evidenzbasierte Entscheidungen zu ermöglichen.
An der Universität Tübingen wurde in der Fakultät Medizin ein erweitertes curriculares Angebot zu komplementärmedizinischen Inhalten im Rahmen des Querschnittbereiches 12 „Rehabilitation, Physikalische Medizin, Naturheilverfahren“entwickelt. Insgesamt wurde das Vorlesungsangebot auf 10 Unterrichteinheiten ausgeweitet und etabliert, u.a. zu den Themen Klassische Naturheilverfahren, Manuelle Medizin, Traditionelle Chinesische Medizin/Akupunktur, Anthroposophische Medizin, MBSR - Mindfulness-Based Stress Reduction, Placebo sowie indikationsbezogene Themen wie „Komplementärmedizin bei Rückenschmerzen“ und „Komplementärmedizin in der Onkologie“.
Als übergeordnetes Lernziel sollen alle Studierende die Grundprinzipien und die grobe Evidenzlage dieser Methoden kennenlernen und kritisch reflektieren sowie den Stellenwert von Komplementärmedizin in der Primärversorgung einordnen können. Ebenso sollen die Studierende nach Abschluss der Vorlesung mit Patienten über „Komplementärmedizin“ unter Berücksichtigung der individuellen Patientenpräferenzen kommunizieren und entsprechend beraten können.
Das im Sommersemester 2018 neu etablierte Wahlpflichtfach Angewandte Komplementäre und Integrative Medizin hat zum Ziel, praktische Fertigkeiten in den verschiedenen Verfahren der Komplementären und Integrativen Medizin zu vermitteln und unter Anleitung in Kleingruppen anzuwenden und zu erlernen.
Für die Anthroposophische Medizin, die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und für die Homöopathie bietet die Universität umfangreiche Begleitstudienangebote an, die in die jeweiligen Hintergründe und Behandlungsverfahren einführen. Für die Anthroposophische und für die Traditionelle Chinesische Medizin gibt es universitätsinterne Zertifikate. Weil die Begleitstudienangebote teilweise in den Modellstudiengang Medizin integriert sind, können inhaltliche und zeitliche Synergien genutzt werden.
Einzigartig ist der Zugang zu den jeweiligen Behandlungseinrichtungen. Wer für das Integrierte Begleitstudium Anthroposophische Medizin (IBAM) eingeschrieben ist, lernt in den klinischen Blockpraktika bis zu drei Krankenhäuser mit anthroposophisch erweitertem Behandlungsansatz kennen. Studierende der Traditionellen Chinesischen Medizin haben die Gelegenheit, einen dreiwöchigen Praxisblock an einer der renommiertesten TCM-Kliniken in Guangzhou in China zu absolvieren.